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SeMa Senioren Magazin Hamburg Ausgabe März 2016 - Kreativer als die Kreativen

Senioren beim Winternotprogramm für Obdachlose

Not hat viele Gesichter. Täglich bietet das Fernsehen er- schütternde Bilddokumente, die zeigen, wie Menschen unter Naturkatastrophen, Krieg und Gewalt leiden. Es wird davon ausgegangen, dass heute weltweit 60 Mil- lionen Menschen auf der Flucht sind. Flucht und ihre Folgen sind auch in Deutschland ganz konkret – an dem „Wir schaffen das“ der Bundeskanzlerin reiben sich die Deutschen. Eine für eine Großstadt wie Hamburg viel ältere Form der Not ist die der Obdachlosen. Der Begriff „Obdach“ steht für Unterkunft oder Wohnung. Der Verlust des eigenen Heims hat oft ein einschneidendes Erlebnis zur Ursache – roman- tisch verklärt als „Clochard“ oder „Vagabund“ zu leben, war wohl in keinem Fall im Lebensplan der zu 80% männlichen Obdachlosen enthalten. Durch die Öffnung der Grenzen nach Osteuropa hat Obdachlosigkeit in Hamburg neue und andere Gesichter bekommen. Viele Menschen aus Bulgari- en, Rumänien und anderen Ländern dort suchen ihr Heil in der Stadt. Auf Basis der freiwilligen Angaben der Nutzer lässt sich erkennen, dass der Anteil obdachloser Deutscher im Winternotprogramm bei unter zehn Prozent liegt. Im Wesentlichen wird der Erfrierungsschutz von Menschen aus Staaten Ost- und Südosteuropas genutzt. Sie sind ge- kommen, um mit schlecht bezahlter Arbeit Geld für ihre Familien daheim zu verdienen. Platz in den vielen schönen Herbergen der Stadt ist für diese Menschen unbezahlbar. Um dieser Not entgegenzuwirken, hat die Verwaltung der Stadt unter Henning Voscherau 1992 ein „Winternotpro- gramm“ als nächtlicher „Erfrierungsschutz“ – so die amt- liche Bezeichnung – für obdachlose Menschen eingeführt. Zwischen dem 1. November und dem 31. März stehen heute insgesamt 890 Übernachtungsplätze zu Verfügung, die von 17 Uhr bis 9 Uhr (16 Stunden) genutzt werden können. Bei geschätzten 2.000 Obdachlosen kein überreiches Angebot, das zudem keinerlei Verpflegung enthält. Dem zumindest teilweise abzuhelfen, gründeten 2007 engagierte Bürgerin- nen und Bürger den „Förderverein Winternotprogramm für Obdachlose e.V.“ Von der ersten Stunde mit dabei Elfrie- de Greiner und Gisela und Rainer Karpinski. „Wir haben schon immer nicht weggeschaut, wenn es darum ging, Not zu lindern“, erklären die Senioren übereinstimmend, „hier zu helfen ist Nächstenliebe. Nicht abstrakt, sondern ganz konkret. Das ist ganz einfach für uns.“ Aber nicht selbstver- ständlich. Mit dieser Motivation haben sie und Mitglieder der Langenhorner Kolpingsfamilie der dortigen katholi- schen Kirchengemeinde seit vielen Jahren in Zusammen- arbeit mit der Bahnhofsmission Obdachlose mit Bussen der Caritas in Notunterkünfte gefahren, haben auf St. Georg Essen ausgegeben. Der städtische Betreiber „fördern & wohnen“ mietet für die Unterbringung häufig freien Büroraum an. Nach Häusern in der Sportallee, Spaldingstraße und Hammer Straße. In diesem Jahr ist der Schaarsteinweg 14 der regelmäßige „Ar- beitsplatz“ der Senioren aus Hamburgs Norden. Wo früher die „Kreativen“ von Gruner und Jahr im Hochglanzmagazin „Gala“ aus der Welt der Reichen und Schönen berichteten, lassen nun die „Kreativen“ des Fördervereins ihre Talente spielen. „Wir wollen möglichst jeden Abend eine Suppe an- bieten“, so Aline Zieher vom Verein. „An zwei Tagen in der Woche wird die von Mitgliedern des DEHOGA gespendet, gekocht und geliefert.“ Und an den anderen Tagen? „Da stüt- zen wir uns darauf, was die Hamburger Tafel geliefert hat“, berichtet Elfriede Greiner, „das kann ganz unterschiedlich ausfallen. Um daraus immer eine schmackhafte Suppe zu machen, dafür ist Küchenerfahrung und Kreativität erfor- derlich. Zusätzlich bieten wir belegte Brote an. An Sonnta- gen richten wir uns auf 150 – 170 Esser ein.“ Denn „Immer wieder sonntags“ ist für die Karpinskis, Elfriede Greiner und weitere Senioren sowie ein berufstätiges Paar aus der Langenhorner „Kolpingsfamilie“ in wechselnden Schichten von drei bis vier Personen um 16 Uhr Schichtbeginn; um 19 Uhr Essensausgabe. Zwischen 20 bis 21 Uhr ist die Arbeit erledigt – und die Helfer nicht selten auch. Sie haben Suppe gekocht, Brote geschmiert, abgewaschen und aufgeräumt für Menschen, die sie nicht kennen und deren Sprache sie ganz selten verstehen. Aus Nächstenliebe – ganz einfach. Wer den Verein durch Spenden oder in der nächsten Sai- son durch persönlichen Einsatz unterstützen möchte, findet weitere Informationen im Internet unter: www.winternot- programm.hamburg.de. Text/Fotos F.J. Krause © SeMa 34 Kreativer als die Kreativen Senioren beim Winternotprogramm für Obdachlose Ein Lächeln in der Ruhe vor dem Sturm. Gisela und Rainer Karpinski und Elfriede Greiner noch in „zivil“. Was die Tafel gab – viele belegte Brote warten auf Menschen, denen der Senat lediglich „Erfrierungsschutz“ bietet.

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